Absolventenbeiträge

Unsere Absolventinnen und Absolventen berichten hier in loser Folge von ihren Erfahrungen, die sie auf dem Weg nach der Schulzeit gesammelt haben.

Bericht vom 18.Nov. 2017 von Sophie Hasert, Abschlussjahrgang 2017

 

 

Ich habe mich bereits im Januar der 12. Klasse dafür entschieden, ein FÖJ zu machen (freiwilliges ökologisches Jahr), weil ich mal eine Pause vom ständigen Lernen und der Theorie brauchte. Da für mich nach dem 23. Mai mit der letzten Prüfung die Schule praktisch beendet war, hab ich dannach bis zum Herbst eine ziemliche „Gammelphase“ eingelegt, in der ich mich mal richtig erholt hab und endlich mal für alles Zeit hatte, was ich in der Schulzeit stressbedingt vernachlässigen musste. Nach diesen Monaten der Entspannung war ich mir sehr unsicher, ob ich mein FÖJ überhaupt noch brauche, da ich meine Pause ja eigentlich jetzt schon hatte. Ich habe es trotzdem angetreten und arbeite jetzt seit dem 1.9. im Botanischen Garten der TU Dresden. Langsam hat es sich zwar etwas gelegt, aber vor allem in der ersten Zeit wollte ich mein FÖJ abbrechen, weil ich enttäuscht war. Ich wurde zu Beginn merklich sehr abgestellt und auch meine Familie ist der Meinung, dass ich ziemlich ausgenutzt werde. Gleich an meinem ersten Arbeitstag durfte ich 6h Unkraut jähten und in den ersten Wochen verging kein Tag, an dem ich um diese Aufgabe nicht herum kam. Das wurde zeitweise sogar so schlimm, dass ich die 8h tägliche Arbeitszeit an manchen Tagen komplett mit dem Unkraut beschäftigt war, was mich körperlich belastete. Ich muss auch ehrlich zugeben, dass ich einfach nur noch Lust hatte, etwas Neues zu lernen, weil mein Alltag doch ziemlich stupide und monoton wurde. Was ich auch als echt nachteilig empfinde, ist die Arbeitszeit, da ich volle 40h die Woche arbeiten gehe. So hab ich das Gefühl, dass ich zu gar nichts mehr komme, da ich auch noch ca. 0,75-1 h Arbeitsweg habe. Wie machen das nur die Vollzeit-Arbeitenden? Ist mir echt ein Rätsel…  
Der nächste Nachteil ist das Gehalt. Ich bekomme nur 300€ pro Monat, was sich für jemanden, der jahrelang nur von einem monatlichen Taschengeld von 30€ „leben“ konnte echt viel anhört, aber das ist es nicht. Vor allem wenn man sich seinen „Stundenlohn“ vorstellt, der nur ca. 1,50€ betragen dürfte. Dass man davon auch noch seinen Arbeitsweg mit öffentlichen Verkehrsmittel finanzieren muss, halte ich für ziemlich unsinnig.   
Vor einem Monat habe ich eine ältere Mitarbeiterin im Botanischen Garten kennengelernt, mit der ich mich sehr gut verstehe und die mich jetzt unter ihre Fittiche genommen hat, wobei ich um das Unkraut derzeit einen erwünschten Bogen machen konnte. Nun bin ich fast die ganze Zeit mit dem Samenputzen beschäftigt, wobei ich mir demnächst noch die Zuschläge wegen der dabei auftretenden Staubbelastung holen will, da sie auch die anderen Mitarbeiter bekommen und ich nicht ganz einsehen will, wieso meine Lunge sich so von denen der anderen unterscheiden soll.  
Das Schönste am FÖJ sind dann doch die 5 Seminarwochen, bei denen man alle anderen FÖJler dieses Jahrgangs trifft, sich austauschen kann und tatsächlich etwas dazulernt  
Ich habe aber mit vielen Anderen gesprochen, die mit ihrem FÖJ ganz zufrieden sind. Da schein ich wohl die Ausnahme zu sein… (Ich habe mir zwischenzeitlich noch eine andere Einsatzstelle angeschaut, da ich wechseln wollte, jedoch stellte die sich als noch ausbeuterischer heraus: teilweise bis zu 10h Arbeitszeit täglich (ich hätte zusätzlich auch noch mehr als 1h Fahrtweg gehabt), die einem noch nicht mal als Überstunden angerechnet werden, weil in den Büchern gepfuscht wird, einen Arbeitstage-Rhythmus von 12 Tage arbeiten – 2 Tage frei,… (wobei einem ja eigentlich 2 Tage Wochenende ersatzlos gestrichen werden und als ich fragte, wie das mit meinem wöchentlichen Hobby aussähe, weil ich da an einem Tag bereits etwas eher gehen müsste, meinte man nur, vielleicht könnte man ja den Kompromiss finden, dass ich das nur noch aller 2 Wochen machen könnte. Urlaub im Sommer durfte man aus Auslastungsgründen sowieso nicht machen.)   
   
Naja, auf jeden Fall habe ich mich schon öfters dabei erwischt, wie ich mich zurück in die Schule gewünscht habe, so stressig sie auch war… 🙂  
   
  
Mit freundlichen Grüßen  
Sophie Hasert